AFFOLTERundSIEBER
der satirische Polit-Blog

Nr. 47 - Das Schattenkabinett

Sieber: So, ich muss jetzt da rein.

Affolter: Wo?

Sieber: Ins Bundeshaus.

Affolter: Der Zugang zur Zuschauertribüne ist im Fall hinten links.

Sieber: Mich lässt man durch den Haupteingang passieren und begrüsst mich höflich. Aber zuerst muss ich meine Hände noch mit Melkfett einsalben.

Affolter: Ich weise dich darauf hin, dass du das Regierungsgebäude betreten willst, nicht einen Stall.

Sieber: Das wage ich zu bezweifeln.

Affolter: Wenn man dich überhaupt reinlässt, wirst du dort kaum Kühen begegnen.

Sieber: Im übertragenen Sinn schon, ab erstem Januar wird nur noch Einlass gewährt, wer seinen persönlichen Bezug zur Scholle nachweisen kann, und zwar handfest.

Affolter: Eine glitschige Angelegenheit.

Sieber: Ausserdem werde ich meine Sympathie für die Schweinehaltung bekunden. Immerhin sind die Tiere für den Export ebenso wichtig wie Nespressokapseln.

Affolter: Was du nicht sagst.

Sieber: 2 Millionen Schweinefüsse sorgen dafür, dass unsere Exportbilanz ins Reich der Mitte hervorragend ist.

Affolter: Die Gülle von diesen Schweinefüssen verschmutzt die Seen im Luzernischen ganz schlimm.

Sieber: Diesem schändlichen Dokumentarfilm von SRF hat der Bauernverband gleich die rote Karte gezeigt. Bösartig und natürlich unausgewogen.

Affolter: Und wie steht es mit der Zerstörung der Böden?

Sieber: Nicht so laut, man könnte dich hören!

Affolter: Wegen der paar Leutchen, die heute Morgen über den Bundesplatz huschen?

Sieber: Jeder vierte, der im Palais Fédéral Einsitz nimmt, ist ein Vertreter der Bauernschaft.

Affolter: Oder eine Vertreterin.

Sieber: Gerade die junge Winzerin aus dem sonnigen Aaretal wird dir wegen deiner ungehörigen Bemerkungen mit ihrem Rebstock eins überziehen.

Affolter: Dann mach du halt denen deine Aufwartung. Was versprichst du dir davon?

Sieber: Das Wohlwollen der Bauernschaft. Genau so, wie das dieser Dings auch wollte. Wie heisst er doch gleich, Joss?

Affolter: Jans.

Sieber: Jetzt wo du's sagst. Ich frage mich, ob ich seinem Beispiel folgen soll.

Affolter: Du willst doch wohl nicht wie er mit einem lächerlichen Märitkörbli voller Läckerli einmarschieren.

Sieber: Die nette Geste des Baslers, der unbedingt Bundesrat werden wollte, hat nachhaltigen Eindruck gemacht. Immerhin sind die Dinger aus dem Leckerli-Hus, ein hervorragendes Produkt aus dem Hause Blocher notabene.

Affolter: Und zur Strafe darf er sich jetzt als Justizminister mit der Migration herumschlagen. Eine süsse Belohnung, so etwas.

Sieber: Ich mache es anders. Ich bringe einen Kassenbon mit, auf dem ersichtlich ist, dass ich ein eifriger Kunde der Landi bin.

Affolter: Wenn du dieser mächtigen Landwirtschaftsdelegation deine Aufwartung machst, versprichst du dir also auch ein Geschenk?

Sieber: Natürlich.

Affolter: Ein Melkschemel?

Sieber: Mitnichten. Ich nehme meine Aufgabe als Staatsbürger wahr und teile der Landwirtschaftsdelegation untertänigst mit, dass ich mein Auto abstossen werde.

Affolter: Ob die von einem Öko-Freak wohl beeindruckt sind?

Sieber: Ich werde einen Traktor kaufen.

Affolter: Einen Traktor?

Sieber: Natürlich. Damit kutschiere ich gratis und franko herum.

Affolter: Also doch kein Öko-Freak.

Sieber: Agrardiesel ist auch bei uns hoch subventioniert. Dass das so bleibt, dafür werde ich der Bauernschaft im Bundeshaus ganz herzlich danken. Und dafür erst noch vom grossen Vorsitzenden einen Bonus erhalten.

Affolter: Und das wäre?

Sieber: Der Ritterschlag.

Bern, 6. Januar 2024